Literarischer Spaziergang

Eine Veranstaltung des FDA NRW und der Solinger Autorenrunde am 1. August 2021

Bericht von Kay Ganahl

Route: Bahnhof Solingen-Schaberg – Richtung Napoleonsbrücke

Thema: „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“

Es ist schön, wenn es wieder „geht“. Ja, und wir gingen auch – besser gesagt: spazierten!

Mehrmaliges Verschieben von Open Air-Terminen ist etwas Unangenehmes: im Jahr 2020 wegen der Corona-Problematik, am 4. Juli 2021 wegen tatsächlich einsetzenden Starkregens ausgerechnet im geplanten Zeitfenster.

Wir waren froh, dass der – tatsächlich 1.! – Literarische Spaziergang zum Thema „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“ mit der Route Bahnhof Schaberg Solingen – Brückenpark dann doch noch stattfinden konnte. Allerdings stand auch dieser Termin auf der Kippe. Die Wettervorhersage war bestenfalls als durchwachsen zu bezeichnen. Jede Veranstaltung im Freien ist nun einmal wetterabhängig. Aber man wagte es an diesem Tag …

Aus diesem Grund waltete allerdings des Weiteren die Vorsicht bei der Routenplanung, weshalb Kay Ganahl als Organisator die Napoleonsbrücke und den Müngstener Brückenpark als Zielpunkt unmittelbar an der hochwassergestressten Wupper strich – alles einfach etwas kürzer und sicherer gestaltete. Die Route in Richtung Napoleonsbrücke ist nun einmal abschüssig, –  Unwetter der vergangenen Monate hatten auch Wander- und Spazierpfade im Waldgebiet um den Fluss Wupper herum beeinträchtigt. 

Statt eine Route ganz durchzuplanen, also eben auch mit einzelnen festgelegten Stellen, an denen die AutorInnen aus ihren eigenen Werken zum Thema vorlesen, galt es nunmehr, spontan vorzugehen. Dies wurde von allen gern angenommen. Spontanität: Warum nicht? – Wo geht es denn jetzt lang? Das war immer mal wieder die Frage.

Nun, es traten am 1. August 2021, 15 Uhr vor dem Bahnhof Solingen-Schaberg bei zunächst überraschend freundlichem Wetter an: Martina Hörle, Annette Oppenlander und Kay Ganahl (alle FDA NRW und Solinger Autorenrunde), zudem Armin Tofahrn – Schriftsteller und Philosoph („Vorstadt-Philosoph“) von der nahe gelegenen Burger Landstraße – und auch wieder einmal Beate Kunisch (beide von der Solinger Autorenrunde), die den Schlusspunkt des Lese-Reigens setzen sollte. Der Solinger Bernd Möller lieferte während des Spaziergangs einige amüsante, aber auch ernste poetische Musikbeiträge. Paulo Borutta aus Köln agierte als Video-Dokumentar der ganzen literarischen Veranstaltung. 

Kay Ganahl begann oberhalb der „Rutsche“ – Teil des Spiel- und Bewegungspfades in diesem Bereich des Waldes – mit einem Sachtext, in welchem er das gegebene Thema kritisch-philosophisch beleuchtete, somit die Grenzen des Menschen auf Erden besonders hervorhob. Eine wohlgeneigte Zuhörerschaft bildete ein Halbrund, um ihm zu lauschen. Die Begrenztheit des Menschen als rationales Wesen steht in einem direkten Zusammenhang mit seiner Selbstüberhebung! Ganahl rauschte kurz durch die Geschichte des Menschengeschlechts und unterwarf es einer moralischen Kritik. 

Wie so oft ist für die von Kay Ganahl organisierten literarischen Lesungen die Vielseitigkeit von Inhalt und Aussage der verschiedenen AutorInnen sehr erwünscht und stets als relevant zu bezeichnen. 

Dann sang zur Begrüßung von AutorInnen und Gästen Bernd Möller, auch ein vielseitiger Instrumentalist, einen Song, welchen er an der Gitarre begleitete.

Hiernach ging es den bewaldeten Abhang herunter: glücklicherweise war der Erdboden trocken und fest. Nicht das geringste Problem tat sich auf. Wenngleich am Rand des Pfades gestapelte Baumstämme beim beiläufigen Betrachter manchmal für eine besorgte Miene sorgten.

Die Solinger Autorin und Journalistin Martina Hörle folgte mit geistreichen, die Stimmung auflockernden Texten. Sie stellte sich allenthalben nicht in unmittelbarer Nähe unterhalb der Rutsche auf, sondern suchte sich ein Plätzchen, wo eben einige Baumstämme flach lagen – Unwetter- und/oder Borkenkäfer-Opfer der letzten Zeit. Martina Hörle ist eine besondere Literatin, wenn es um Fantasy und Horror geht, auch und gerade der Humor ist ihr „Ding“. So entführte sie die Zuhörer hier im Wald in eine Parallelwelt ohne Zeit.

Weiter ging’s. Und mit Freude am Spazieren, zumal die Sonne lachte. Man hätte immer wieder ein lauschiges Plätzchen zum Ausruhen und Sinnieren finden können, kein Problem!

Armin Tofahrn, der sich selbst als „kreativen Querkopf“ sieht, Kurzgeschichten, Romane und sogenannte Denkzeilen schreibt, lud die Zuhörerschaft in seine Vorstellungswelt ein, in der die Natur gefährdet ist – und der Mensch derselben nicht etwa schaden sollte, sondern helfen. 

Dr. Manfred Luckas, FDA NRW-Landesvorsitzender, konnte leider nicht zum Spaziergang kommen. Er bat Kay Ganahl, seine Texte vorzulesen, was dieser dann mit emotionalem Einsatz tat: Baumbetrachtung I, ein Prosatext; Baumbetrachtung II, ein Gedicht. Das sind zwei Texte mit zahlreichen Bezügen zu Wissenschaft, Philosophie und Literatur, die ganz unmittelbar zum Ausdruck kommen, so dass sie emotional anfassen.

Es sei zugegeben, dass denn auch manchmal eine leicht bedrohliche Regenwolke „um die Ecke zu biegen“ drohte, was Ganahl dazu bewog – seit Martina Hörles Lese-Auftritt eher pfadfinderisch vorausgehend –  lieber einen Schleichpfad bergan zu suchen, den er dann auch schnell fand. Ein saftiges Grün lockte, gerade auch zur Darbietung der Beiträge von Annette Oppenlander und Beate Kunisch. Annette Oppenlander las dann auch intensiv aus ihrem historischen Roman „Bis uns nichts mehr bleibt“. Sie schreibt überwiegend historisch und auch Fantasy, so dass sie die Leser und Zuhörer stets in den Bann schlagen kann. 

Aus dem Himmel drohte nun einiges Ungemach. Beate Kunisch musste sich sogar ein wenig beeilen, um ihren Text vorzulesen: Die vor Kurzem stattgefundene Hochwasserkatastrophe – auch die Wupper trat über ihre Ufer! – wurde von ihr fantasievoll, aber eben auch sachlich zutreffend beleuchtet. 

Da sollte dann noch Bernd Möller, der an diesem Nachmittag den Spontanentscheidungen Ganahls bezüglich seiner Musikeinsätze freundlich-nachsichtig nachkam, ein Abschiedslied auf der grünen Wiese singen. Nicht ohne die tatkräftige Unterstützung durch zwei Damen zu erfahren, die ihn gegen den einsetzenden Regen mit Schirmen schützten! 

Schön, dass dieser Literarische Spaziergang stattfinden konnte! 

Fotos von Martina Hörle, Armin Tofahrn, Beate Kunisch und Annette Oppenlander


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