„Vom Jagdfieber gepackt“ – oder auch „Wer jagt hier wen?“

Ich bin Lucky, und ich muss euch was erzählen.

Gestern war ich mit meinem Frauchen Gassi gehen. Das tun wir mehrmals am Tag. Ich find’s toll. Alles voller Gerüche. Manchmal hat mir Tobi, der Dackel von nebenan, eine Nachricht dagelassen. Und einen Duft erkenne ich sofort, den von Lucy. Dann bin ich ganz aufgeregt. Sie ist eine sehr vornehme Pudeldame, immer nach der neuesten Mode geschoren. Ich habe schon oft versucht, ihr näher zu kommen. Es ist nicht einfach, sie ist zickig.

Aber ich schweife ab. Also: Ich war mit Frauchen auf dem Weg zum Wald. Sie lässt mich immer nur an der Leine laufen. So was Albernes. Sie selbst läuft frei herum. Joggen nennt sie das. Sieht aus wie rennen, ist aber viel zu langsam. Ich weiß, wie man richtig rennt, aber ich darf nicht.

Stellt euch vor: Da sitzt ein dicker Hase im Gras. Frauchen läuft genau in seine Richtung. Sie läuft und läuft. Doch das wird nichts, sehe ich schon. Nun renn doch! So fängt sie den Hasen nie. Ich will von der Leine, belle so laut ich kann. Doch sie lässt nicht locker. Der Hase schlägt Haken und macht sich aus dem Staub. Och nee. Ich krieg den noch. Ich kann richtig rennen. Mach mich doch los!

Da, endlich. Diese doofe Strippe rutscht ihr aus der Hand. Jetzt zeige ich ihr, wie schnell ich bin. Aber wo ist der Hase? Ich renne dahin, wo er eben noch war, schnüffle überall – nichts. Renne weiter, Frauchen hinterher. Plötzlich kann sie schneller. Und da bleibt auch noch der Strick im Gestrüpp hängen.

Ich ziehe und zerre und… Dann ist Frauchen da. Sie macht die Leine von dem Gestrüpp los und wickelt sie fest um ihre Hand. Dabei schimpft sie ständig mit mir, weil ich mich losgerissen habe. Sie hält die Leine so kurz, dass ich direkt neben ihr gehen muss, ganz langsam. Sie kann echt blöd sein. Losgerissen, püh! Ja, was bleibt mir denn anderes übrig? Seien wir mal ehrlich: So wie die läuft, wird sie nie was fangen.

© Martina Hörle


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