Zum vierten Mal! – Eine Nachlese

Der Literarische Wandertag 2018 mit dem Thema „Literatur an der Grenze“

Von Kay Ganahl

Manchmal meine ich, dass er öfter stattfinden sollte! Es gelingt nämlich immer besser, das literarische Wandern in der freien Natur zu einer Art „kulturellem Vergnügen“ zu gestalten, so dass die AutorInnen des Freien Deutschen Autorenverbandes/NRW und der Solinger Autorenrunde plus GastautorInnen plus Gäste von der unterhaltsamen Lockerheit angetan sind, die eben auch in den literarischen Werken steckt, ohne dass ernste Inhalte auf dem Weg zum Zuhörer verlorengehen.

Jedes Jahr sind wir woanders. Und es soll immer wieder alles neu und noch interessanter sein! Dieses Jahr fand er – am 8. Juli 2018, 15 Uhr – in der Grünanlage Bärenloch nahe der Solinger City statt. Die „Literaturgemeinde“ traf sich zunächst einmal in der Hofschaft Stockdum.

Allein auf dem Gebiet der Stadt Solingen gibt es eine bunte Vielzahl von Möglichkeiten, den Literarischen Wandertag konkret auszugestalten. Im Rückblick: 2015 wanderten wir von Solingen-Unterburg bis in den Brückenpark, der an der Grenze zu Remscheid liegt. 2016 war es der Coppelpark, von wo aus wir über die Korkenziehertrasse bis in den Südpark (am Alten Hauptbahnhof) hinein wanderten. Und letztes Jahr begannen wir im historischen Ortskern Gräfraths, um dann, das Klingenmuseum hinter uns lassend, durch die angrenzende Heide zu wandern. Immer machte es Freude. Immer blieb uns allerdings auch das schöne Wetter treu. Ich möchte nicht ins Schwärmen kommen … Der Bärenloch-Park in Solingen ist vor Jahren zu einer groß angelegten Anlage für den Wanderer, Spaziergänger, aber auch zum Spielen für Kinder umgebaut worden. Ich bin geneigt, hier sogar von einer „geplanten und realisierten Idylle“ zu sprechen. Denn auf den gut ausgebauten Wegen, vorbei an diversen Sport- und Spiel-Einrichtungen, lässt sich die Natur in Ruhe erkunden.

Das frohe Spielen der Kinder stört dabei keinesfalls. Übrigens auch dann nicht, wenn die Gruppe der literarischen Wanderer geschlossen der geplanten Wanderroute folgt: Alle bewegten sich letzten Sonntag von Punkt zu Punkt. Es gibt nämlich diese Literaturpunkte, die vom Organisator im Vorfeld für jede Autorin, jeden Autor eingerichtet wurden. Die Gegebenheiten vor Ort legten es auch dieses Jahr im Bärenloch-Park einfach nahe, die eine oder andere geeignete kleine Örtlichkeit auszusuchen, wo die AutorInnen ihre Werke vorlesen sollten. Und mancher ließ sich dann auch, der/die VorleserIn wie einige aus der Schar der Zuhörer, so hatte ich den Eindruck, von der sommerlichen Pracht der Natur überraschen. Dabei war es wohl so, dass die Natur nicht von literarischen Inhalten ablenkte, sondern sie verstärkte – Zuhören und Zusehen sogar noch erleichterte. Die literarischen Werke der geladenen AutorInnen wurden, intensiv und fesselnd vorgelesen, noch schneller erfassbar! Menschen und Literatur und Natur waren eins!

Nun zu den Leseauftritten der AutorInnen zum diesjährigen Thema „Literatur an der Grenze“  … es sei mit der Autorin des 5. Literaturpunktes angefangen: Wie jedes Jahr kam Martina Hörle von der Solinger Autorenrunde, die vor Steinplatten nahe der Skater-Anlage unter anderem den Essay „Invasion an der Wupper“ las – die „Wupperorchidee“ verdrängt die anderen Pflanzen in der Wupper. Ein hochinteressanter Stoff. Zuvor hatte an dem 4. Literaturpunkt („Rastplatz“) der Autorenrunde-Neuzugang Annette Oppenlander „Der Bunker“ (Kriegserinnerungen ihres Vaters) vorgelesen. Oppenlander, die dreißig Jahre in den USA lebte und dort in Englisch schrieb und veröffentlichte, ist nun wieder in Solingen, um in ihrer Muttersprache zu schriftstellern. Die 2. Landesvorsitzende des FDA-NRW, Marlies Strübbe-Tewes aus Unna, hatte zuvor eine spannende biografische Kurzgeschichte bei den großen Steinen unmittelbar beim Kinderspielplatz vorgelesen, Titel: „Das Loch im Zaun“. Die Zuhörer waren begeistert, denn es wurde auch nicht an Humor gespart. Andreas Erdmann – Redakteur, Autor und eben auch Mitglied der Solinger Autorenrunde – amüsierte mit einem Text in Solinger Platt die Mitwanderer, hatte dann noch die Geschichte „Im Rosenbaumwald“ vorgelesen, die im Himalaya spielt. Ganz zu Beginn der Wanderroute überzeugte die Solingerin Christiane Trunk im umhegten Eingangsbereich des Bärenlochs mit authentisch- anrührenden Tagebucheintragungen zum Thema Alltag in der Psychiatrie.

Nach Annette Oppenlanders Lesung landeten wir in Reihenfolge am „6. Literaturpunkt Teich 1“. Es las dort Beate Kunisch, die in den Jahren 2017 und 2018 unter anderem in den Literaturradio-Produktionen Solingens organisatorisch und literarisch aktiv ist. Sie kam mit „Happiness is a warm gun“, der Geschichte eines jungen Machos. An dem folgenden Literaturpunkt „Lagerstätte“ (Grillplatz), auf einem Hügel gelegen, las ich, Kay Ganahl, der diesen Literarischen Wandertag organisierte, stellvertretend für meinen FDA-NRW Kollegen, den Landesvorsitzenden Dr. Manfred Luckas. Seinen Rap-Text „Mehr Wasser/ Meerwasser“ versuchte ich dann auch ein wenig „rappend“ herüberzubringen, was mir wohl einigermaßen gelang. Schon inhaltlich ist dieser Text aus Versatzstücken der Weltliteratur eine Herausforderung an die Lachmuskeln – auf hohem Niveau. Als Gastautorin trat auf dem großen Platz oberhalb des Grillplatzes die Wuppertaler Autorin Martina Sprenger auf, welche schon beim 1. Literarischen Wandertag begeistert mitwanderte.  „Reinlichkeit kann töten“ war ihr Beitrag für diesen 4. Literarischen Wandertag.

Nach weit mehr als zwei Stunden mit „Literatur an der Grenze“ setzte ich als derjenige, der die Ernsthaftigkeit eines jeweiligen literarischen Anliegens immer wieder betont, den Schlusspunkt. Und am Literaturpunkt „Teich 2“, im Zentrum des Bärenlochs, gewährte ich meiner Liebe zu dem Prager Schriftsteller Franz Kafka gezielt Ort, Zeit und Raum! Der literaturhistorische Essay „Franz Kafkas Blickwinkel“ soll nämlich erhellen, dass die Werke Franz Kafkas – nach dem 1. Weltkrieg entstanden – auf unser Heute prophetisch hinwiesen. Außerdem gab ich aus meiner Feder eine Mystery-Geschichte und eine prosaische Anleihe an den „Dachkammerdichter“ zum Besten.

Teneja Skrget aus Solingen, die während der dreistündigen literarischen Wanderung zur Gitarre sang, bereicherte die bunte Mischung der literarischen Beiträge um bekannte Popsongs. Sie sorgte zwischen den Auftritten der AutorInnen zusätzlich für gute Stimmung. Die 20 „literarischen Wanderer“ wurden von mir schließlich mit Dankesworten verabschiedet, wobei ich nicht vergaß, auf die Veranstaltungsplanung des Jahres 2019 hinzuweisen – es wird sicher einen 5. Literarischen Wandertag geben. Doch ist noch nicht heraus, in welcher Stadt er stattfinden wird.

(© Kay Ganahl, 2018)


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